CORTISOL

Das hormon hat ein miserables image – zu unrecht.

Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet wird. Es gehört zur Gruppe der Glukokortikoide und hilft dem Körper, mit Belastung umzugehen – körperlich wie mental. Weil es in Stresssituationen vermehrt ausgeschüttet wird, gilt Cortisol gemeinhin als Stresshormon. Das hat ihm einen zweifelhaften Ruf eingebracht: als Angstgegner für Fitnessfans und vermeintlicher Feind aller Abnehmwilligen. Doch dieses negative Image wird der tatsächlichen Bedeutung von Cortisol nicht gerecht, denn ohne das Hormon wären wir nicht überlebensfähig.

Cortisol ist ein Leistungshormon

Cortisol ist der Gegenspieler von Melatonin – dem Hormon, das uns müde macht. Während Melatonin abends für Ruhe sorgt, weckt uns Cortisol am Morgen. Tagsüber hilft Cortisol dem Körper, mit physischem und psychischem Stress umzugehen. Es setzt Fettsäuren aus dem Fettgewebe frei und nutzt diese als Energiequelle, um kurzfristig die Energieverfügbarkeit zu erhöhen. Zusammen mit Noradrenalin und Adrenalin sorgt Cortisol dafür, dass im Gehirn ausreichend Glukose zur Verfügung steht, damit wir leistungsfähig und konzentriert bleiben.

In akuten Belastungssituationen steigert Cortisol den Blutdruck, beschleunigt die Atmung und lässt das Herz schneller schlagen, damit wir körperlich alles geben können. Nicht dringliche Funktionen wie die Verdauung werden dabei zurückgefahren. So steht maximale Energie für die aktuelle Herausforderung bereit. Cortisol macht uns belastbar und fit, sonst könnten wir keine langen Strecken laufen, geschweige denn einen Marathon bewältigen.

Cortisol wirkt ausserdem positiv auf das Immunsystem und hemmt Entzündungsprozesse. Das Medikament Cortison ist eine inaktive Form von Cortisol, die im Körper in die aktive Form umgewandelt wird. Deshalb wird Cortison häufig zur Behandlung von Entzündungen und zur Immunsuppression eingesetzt. Erfunden wurde es übrigens von einem Schweizer: Tadeus Reichstein, der dafür 1950 gemeinsam mit Edward Calvin Kendall und Philip S. Hench den Nobelpreis erhielt.

Cortisol kann Muskelgewebe abbauen

Gefürchtet sind die Nebenwirkungen langwieriger Cortison-Therapien, da sie zu einem Cortisolüberschuss im Körper führen können. ähnliches gilt für chronischen stress. Stresssituationen sind für den Körper nicht nur Ärger im Büro oder Stau auf dem Heimweg. Auch Infektionen, Operationen, Verletzungen oder hormonelle Umstellungen, etwa bei sinkendem Östrogenspiegel, können einen starken Anstieg der Cortisolproduktion auslösen. Gerät das System durch permanenten Stress aus der Balance, bleibt auch der Cortisolspiegel dauerhaft erhöht.

Cortisol ist ein Steroidhormon, wirkt aber im Gegensatz zu anabolen (also aufbauenden) Steroiden katabol: Es baut insbesondere Muskelgewebe ab. Um grosse Mengen an Energie bereitzustellen, greift der Körper auf die Proteinreserven der Muskulatur zurück und wandelt diese in Glukose um. Um diesen Muskelabbau zu vermeiden, ist es besonders nach Operationen, Infektionen oder Traumata wichtig, ausreichend Protein zu sich zu nehmen.

Ein Cortisolüberschuss kann zudem sowohl den Blutzucker – als auch den Cholesterinspiegel erhöhen. Auch der Elektrolythaushalt wird gestört: Der Körper hält Natrium zurück und verliert Kalium. Die Folge können Wassereinlagerungen, Blähungen und ein unangenehmes Schweregefühl sein. auch das Klörpergewicht gerät oft aus dem Gleichgewicht. Bei stark erhöhtem Cortisolspiegel kann es zur sogenannten Fettumverteilung kommen, bekannt als Cushing-Syndrom.

wir sind nicht für Dauerstress gemacht

Dennoch ist Cortisol ein bemerkenswertes Leistungshormon. In der Vergangenheit half es uns bei der Flucht vor dem Säbelzahntiger oder bei der Jagd nach dem Mittagessen. Heute begegnen wir anderen Herausforderungen – viele davon hausgemacht oder durch ein dauerhaft forderndes Umfeld ausgelöst. Doch ständiger Stress überfordert unser System. Cortisol ist nicht für den Dauereinsatz gedacht, sondern für Ausnahmesituationen. Wird es ständig ausgeschüttet, beginnt es, dem Körper zu schaden.

Wir sind wohl für grosse körperliche Leistungen gemacht, aber eben nicht für Dauerstress. Deshalb raten Fachleute zu Waldbaden, Nahrungsergänzungsmitteln und regelmässigem Sport. Nicht alles passt für jeden, und nicht alles wirkt bei allen gleich. Sicher ist: Wir sollten wenigstens jenen Stress vermeiden, den wir selbst beeinflussen können.

Selbstredend helfen auch die Reduktion von zeitfressender Smartphonestunden, ungesunder Ernährung und vermeidbarem Ärger. Wer den Cortisolspiegel senken oder niedrig halten will, sollte ganz allgemein dafür sorgen, dass die Gegenspieler von Cortisol aktiv werden: Melatonin am Abend und Endorphine am Tag.

Tipps gegen zu viel Cortisol

beweg dich unter der Sonne – Vitamin D kann den Cortisolspiegel senken, am besten, indem du regelmässig spazieren oder Joggen gehst. Bewegung ist gesund und wir schütten dabei Endorphine aus. Endorphine sind vom Körper selbst produzierte Morphine, die schmerzlindernd bzw. schmerzunterdrückend wirken, Angst lösen und beruhigen, euphorisieren, also zu einem Glücks- und Wohlgefühl beitragen und unsere Stimmung aufhellen. Endorphine reduzieren Stressgefühle.

Streichle eine Katze, kraule einen Hund oder umarme ein Pferd – du schüttest Unmengen von Glückshormonen aus. Schmusen übrigens auch.

Pflege den Garten, hör Musik oder lese ein tolles Buch – unseren Hobbys und Leidenschaften frönen baut jede Menge Stress ab.

Tanz, mach Yoga, schwimm oder trainiere deine Muskeln – jede Form von Bewegung, in deren Rhythmus wir eintauchen und uns ganz darauf konzentrieren können.

Ansonsten hilft viel trinken, ausreichend Schlaf und gesunde Ernährung. und das tägliche Bemühen, mit Ruhe und Gelassenheit auf den nächsten Stressreiz zu reagieren.

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