Schlagwort: Stretching

  • DEHNEN

    DEHNEN

    Kleine Rituale erhalten die Spannung.

    Gummibänder werden spröde, wenn sie lange unbenutzt herumliegen. Unsere Muskeln sind wie Gummibänder: ohne regelmässige Bewegung verlieren sie ihre Spannkraft, werden steif und weniger belastbar. Muskeln brauchen die richtige Pflege, um elastisch, reaktionsfähig und belastbar zu bleiben. Regelmässiges Dehnen hält sie geschmeidig, erweitert den Bewegungsradius, beugt typischen Alltagsbeschwerden vor und unterstützt die Regeneration nach dem Training.

    Ohne Dehnen verkürzen sich vor allem die tonischen Muskeln. Sie sind für DIE AUFRECHTE Haltung zuständig und arbeiten nahezu permanent im Hintergrund. Durch Bewegungsmangel oder Überlastung neigen sie dazu, in Dauerspannung zu verhärten. Zu diesen Muskeln zählen die BrustmuskELN, die Waden oder die hintere Oberschenkelmuskulatur. verkürzen sich manche Muskeln dauerhaft, nehmen wir SChonhaltungen ein, leiden unter Verspannungen und Schmerzen.

    Eine andere Rolle haben die Phasischen Muskeln: Sie sind für Bewegung und Dynamik zuständig. Im Gegensatz zu den tonischen neigen die phasischen Muskeln eher zur Abschwächung. dAS TRIFFT BESONDERS ZU AUF DIE Gesässmuskeln und die gerade Bauchmuskulatur. Sind sie zu wenig aktiv, Insbesondere bei häufigem Sitzen, übernimmt oft die Rückenmuskulatur DIE aUFGABE DER gESÄSSMUSKELN, was zu Überlastung und Schmerzen im Lendenwirbelbereich führen kann. Auch eine schwache Bauchmuskulatur destabilisiert die Wirbelsäule, sodass Rückenschmerzen begünstigt werden.

    Starke Gesäss- und Bauchmuskeln entlasten den Rücken und halten ihn stabil, die Rückenschmerzen verschwinden. Um die Bewegungs- und Haltemuskulatur jeweils optimal zu pflegen, werden phasische Muskeln gestärkt und tonische Muskeln regelmässig gedehnt. DAs beugt Haltungsschäden und Schmerzen vor. Ohne Dehnen verlieren diese Muskeln ihre Elastizität und wir fangen an, ungünstige Haltungen einzunehmen, was wiederum zu Verspannungen führt und oft Schmerzen nach sich zieht.

    Allgemein gilt beim Dehnen: sanft und regelmässig, lieber öfter und moderat als selten und übertrieben ehrgeizig. Während wir unmittelbar nach einem Training nur kurz andehnen, halten wir beim regelmässigen Dehnen zwischen den Trainings die Spannung länger: 20-60 Sekunden. Tonische Muskeln reagieren gut auf statisches Dehnen. Tiefes Ein- und bewusstes Ausatmen hilft, die Spannung im betreffenden Muskel zu lösen.

    Auch vor dem Dehnen gilt: Muskeln aufwärmen! Die Muskulatur sollte durch Ganzkörperbewegung auf Betriebstemperatur gebracht werden. Das steigert die Durchblutung, macht die Sehnen und Faszien geschmeidiger und reduziert Verletzungsrisiken. Sanfte Aktivierung bedeutet 5–10 Minuten lockere Bewegung. Meist reicht Gehen, leichtes Joggen, Radfahren oder Seilspringen. Hauptsache, Puls und Atmung steigen leicht an. Vor dem eigentlichen Dehnen ist es sinnvoll, die Gelenke in Bewegung zu bringen: Schulterkreisen, Hüftkreisen, Katzenbuckel–Pferderücken oder Beinpendel. Das aktiviert das Nervensystem und bereitet auf grössere Bewegungsumfänge vor.

    Während vor einem Training dynamisch und eher kurz gedehnt werden soll, dehnen wir beim regelmässigen Ausdehnen statisch und in Ruhe. Dies deshalb, weil das statische und längere Dehnen die Muskeln geschmeidig hält, aber kurzfristig auch ihre Reaktionsfähigkeit reduziert. Längeres Dehnen entspannt und eignet sich deshalb auch ideal für eine Abendroutine vor dem Schlafen. Ein etwas intensiveres Dehnen wird aus demselben Grund auch oft durchgeführt im Anschluss an Gymnastik oder ein funktionales Ganzkörpertraining mit dem Eigengewicht des Körpers, insbesondere dann, wenn ein entsprechendes Workout am Abend stattfindet.

    Ein Muskel verändert seine strukturelle Länge durch Stretching nicht. Beweglichkeit entsteht in erster Linie durch das Nervensystem, das entscheidet, welche Gelenkspositionen es zulässt. Endpositionen werden als gefährlicher eingeschätzt, weil sie ungewohnt sind und Muskeln dort weniger Kraft entfalten können. Deshalb signalisiert das Nervensystem Schmerz als Schutzmechanismus.

    Durch Passives Stretching, d.h. mit Hilfe eines Partners, Trainers oder Hilfsmitteln wie Widerstandsbändern oder Boden, Wand und Türrahmen, verschiebt sich diese Schmerzgrenze kurzfristig, erhöht aber langfristig das Verletzungsrisiko, da die motorische Kontrolle fehlt. Aktives Stretching dagegen trainiert neue Bewegungsumfänge in funktionellen Mustern mit Stabilität und Kontrolle. Dadurch akzeptiert das Nervensystem die Positionen als sicher, was Beweglichkeit nachhaltig und verletzungsarm verbessert. Optimal ist eine Mischung aus regelmässigem aktivem Dehnen und gelegentlichem gezieltem passivem Dehnen, wo dies sinnvoll ist, und idealerweise unter professioneller Anleitung.

    Dehnen ist mehr als ein Langziehen verkürzter Muskeln: es ist ein Training für das Zusammenspiel von Muskulatur, Nervensystem und Haltung. Tonische Muskeln brauchen Dehnung, phasische Muskeln Kräftigung. Wer beides kombiniert, schafft die Grundlage für eine stabile Körperhaltung, mehr Beweglichkeit und weniger Schmerzen. Regelmässiges Dehnen erleichtert die Bewegung im Alltag und optimiert die Voraussetzungen für ein erfolgreiches und verletzungsfreies Training.

    • Waden (Gastrocnemius): Im Stehen Hände an die Wand, ein Bein nach hinten setzen, Ferse bleibt am Boden, Knie ist gestreckt, Körper nach vorne lehnen. Alternative: Zehen auf einem Buch, Knie gestreckt, mit geradem Rücken und gekipptem Becken nach vorne Lehnen und mit gestreckten Armen auf einem Stuhl aufstützen.
    • Vordere Waden (Soleus): Wie oben, nur das hintere Knie leicht beugen. Ferse bleibt unten, Spannung tiefer spürbar.
    • Hintere Oberschenkel (Ischiocrurale): Im Stand ein Bein gestreckt auf Stuhl, Tisch oder Sims legen, Standbein ebenfalls gestreckt, Oberkörper gerade nach vorn neigen.
    • Vordere Oberschenkel (Quadrizeps): Im Stehen Fussfessel von hinten greifen, Ferse Richtung Gesäss ziehen, Knie nebeneinander halten, Becken leicht nach vorn kippen.
    • Innenseite Oberschenkel (Adduktoren): Grätschstand, Gewicht auf ein Bein verlagern, anderes Bein gestreckt lassen. Spannung innen spürbar. Alternativ: im Sitzen Beine grätschen, Becken nach vorne kippen, Oberkörper mit dem Bauch voran nach vorne lehnen.
    • Trizeps: Arm über Kopf nach hinten beugen, Hand von oben zwischen die Schulterblätter führen, mit der anderen Hand den Ellbogen sanft nach hinten/unten schieben.
    • Brustmuskel (Pectoralis): Seitlich an eine Wand stellen, Arm im 90°-Winkel anlegen, Oberkörper leicht nach vorn drehen, bis es in der Brust zieht.
    • Nacken (seitliche Dehnung): Im Sitzen oder Stehen Kopf zur Seite neigen, mit der Hand sanft Richtung Schulter ziehen. Schulter der Gegenseite bleibt unten.
    • Bizeps: Seitlich zur Wand stehen, Arm gestreckt nach hinten auflegen (Handfläche zeigt zur Wand). Brust leicht aufdrehen, bis es in der Vorderseite zieht.
    • Gesässmuskeln (Gluteus): Im Sitzen ein Bein über das andere schlagen (Knöchel auf Knie), Oberkörper gerade nach vorn lehnen. Alternativ: Unterschenkel quer auf Tisch oder Fenstersims legen, Standbein gestreckt, Oberkörper nach vorn lehnen.
    • Seitliche Bauchmuskeln (Obliquus): Im Stehen Beine hüftbreit, Arm über den Kopf führen und zur Seite neigen, Hüfte bleibt stabil.